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Rätselhafter Erfolg?

Exit Games als Standbein der Spielebranche

In Bücher- und Spieleläden sind die mit Exit Games beladenen Tische nicht zu übersehen. Die ersten Spiele erschienen 2016. Für die Branche sind sie ein wichtiger Trend.

Stuttgart (dpa) - Eine Pappschachtel, Karten, ein bebildertes Textheftchen und etwas Fantasie: Mehr braucht es nicht, um Spielefans vom Wohnzimmertisch in verlassene Hütten oder mysteriöse Museen zu befördern. Entkommen können sie den Orten im Spiel nur, wenn sie Rätsel unterschiedlicher Art lösen und dadurch Codes knacken. Diese sogenannten Escapespiele oder Exit Games sind in den vergangenen Jahren zum Brettspiel-Trend geworden.

Seit 2020 bringen Escapespiele mehr Geld ein als der Klassiker Monopoly, sagt Joachim Stempfle vom Marktforschungsinstitut Circana. Die Deutschen geben seinen Angaben zufolge 380 Millionen Euro im Jahr für Spiele aus, 20 Prozent mehr als in den Jahren vor der Corona-Pandemie. Zwar ebbte das Interesse im vergangenen Jahr ab, sowohl auf dem gesamten Spielemarkt als auch sehr deutlich im Bereich der Exit Games. Dennoch sei das Wachstum bei den Rätselspielen über mehrere Jahre gesehen extrem stark.

Die Exit-Produkte des Stuttgarter Kosmos-Verlages verzeichneten Circanas Daten zufolge seit 2019 ein Plus von 40 Prozent. «Das wird ein fester Bestandteil im Bereich Spielwaren bleiben», schätzt Stempfle. Der Kosmos-Verlag veröffentlichte die ersten Escapespiele 2016. Seitdem haben sie sich zu einem wichtigen Standbein für das Unternehmen entwickelt. Mit 18 Millionen verkauften Exemplaren weltweit sind die Exit Games laut eigenen Angaben mittlerweile eine Kernmarke von Kosmos. Sie bringen neben dem Spieleklassiker Catan die meisten Einnahmen, wie eine Sprecherin des Unternehmens mitteilt.

Das Spielfeld bei Escape Games gehört jedoch nicht nur Kosmos. «Eigentlich hat jeder in diesem Exit-Bereich Produkte auf den Markt gebracht», beobachtet Marktexperte Stempfle. 2018 präsentierte beispielsweise der Spielehersteller Ravensburger das erste Exit-Puzzle. Obwohl international die Bezeichnung Escape geläufig ist, wählte Ravensburger einer Sprecherin zufolge in Deutschland den gleichen Namen wie Kosmos, weil dieser hierzulande so populär sei.

Zu Spitzenzeiten während der Pandemie haben Escapespiele über zehn Prozent des Brettspielmarkts eingenommen, schätzt Hermann Hutter, Vorsitzender des Branchenverbands Spieleverlage. Trotz der rückläufigen Verkaufszahlen im vergangenen Jahr sei das Interesse «immer noch auf einem hohen Niveau». Kooperative Spiele haben laut Hutter seit einigen Jahren einen besonderen Stellenwert. Rätsel- und Krimispiele seien unabhängig von den Exit Games auf dem Vormarsch.

Der Trend sei weiterhin da, sagt auch eine Sprecherin von Ravensburger. Das Unternehmen habe nach dem ersten Exit-Puzzle über 30 weitere Produkte zu dem Thema auf den Markt gebracht. Im laufenden Jahr sei unter anderem ein Adventskalender geplant. Mit einem solchen ist Kosmos bereits auf dem Markt, genauso wie mit Büchern und mittlerweile eigenen Puzzles. Im Herbst soll dem Verlag zufolge das 30. klassische Exit-Spiel erscheinen, das sich um einen Gefängnisausbruch dreht.

Angefangen hat bei Kosmos nach eigenen Angaben alles mit einer Idee beim Mittagessen im Kollegiumskreis, im September 2014. Der Spieleredakteur Ralph Querfurth gab damals den Anstoß für das Projekt, wie er erzählt. Inspiriert wurde er von einem neu eröffneten sogenannten Escaperoom in Stuttgart - einem besonders eingerichteten Raum, in dem Spielende vor Ort gemeinsam Rätsel und Codes finden und entschlüsseln müssen. Direkt tauchte der Gedanke auf, nach diesem Vorbild ein Brettspiel für zuhause zu entwickeln, erzählt Querfurth.

Der Verlagsleiter Spielware, Heiko Windfelder, war bei dem Mittagessen dabei und begleitete die Entwicklung des Spielkonzepts. Zwei Jahre lang feilte der Verlag an den Details von Markenanmeldung über die Schachtelgröße bis hin zu wiederkehrenden Illustrationselementen. «Bei Exit ging es von Anfang an darum: Wie kann man dieses Thema, diese Spielewelt als Marke aufbauen?», erklärt Windfelder. Nun dauere es vom Prototyp bis zum fertigen Spiel nur noch sechs Monate, berichtet Redakteur Querfurth: «Das ist nicht normal bei Spielen, aber bei den Exits hat sich diese Routine und dieser Rhythmus ganz gut eingefunden - aber entspannt ist er keinesfalls.»

Den Erfolg der Spiele sieht Konzeptentwickler Querfurth darin, dass die Rätsel einen unterschiedlichen Fokus haben. Mal sind mathematische Fähigkeiten gefordert, mal sprachliche, einige Rätsel setzen wiederum auf Optik oder Geschicklichkeit. «Das ist sicher ein ganz großer Erfolgsfaktor, dass das Spielprinzip ganz viele Talente anspricht», vermutet Querfurth.

Dass aus dem Mittagessen vor neun Jahren ein so großes Projekt wird, hätte niemand gedacht, erzählt Querfurth. Von einem «Glücksfall» spricht Spieleverlagsleiter Windfelder. So etwas komme einmal in 10 bis 20 Jahren vor.

Quelle: dpa / Bild: depositphotos.com

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